Textatelier
BLOG vom: 08.11.2012

Sauerland (1): Geburtsstadt von August Macke und mir

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Wie wichtig ist für Sie der Ort Ihrer Geburt? Es ist richtig, Sie sollten seinen Namen wissen, denn auf allerlei Formularen werden Sie immer wieder danach gefragt, etwa bei der Eheschliessung. Sie müssen ihn auch beim Abfassen Ihres Lebenslaufs erwähnen. Er steht im Personalausweis und im Pass. Benötigen Sie eine Geburtsurkunde, müssen Sie diese an Ihrem Geburtsort beantragen.
 
Die Formulare sind das Eine, aber Ihr persönlicher Bezug zum Geburtsort das Andere. Es gibt viele Menschen, die wohnen ihr ganzes Leben dort oder zumindest während eines grossen Teils ihres Lebens. Der Ort ihrer Geburt ist ihr Heimatort, dort sind sie verwurzelt, dort haben sie ihre sozialen Bindungen. Es gibt aber auch Menschen, die werden in einem Ort geboren und sehen ihn nie wieder. Oder sie wohnen kurze Zeit dort und ziehen weg; es ist nur noch der Ort, in dem man zufällig geboren worden ist.
 
So war es bei mir. Ich wurde in einer kleinen Stadt im Sauerland geboren. Die Stadt heisst Meschede. Als ich 8 Jahre alt war, zog die Familie ins Ruhrgebiet, etwa 100 km davon entfernt. Einem berühmten Maler des Expressionismus, August Macke, erging es ähnlich. Auch er wurde in diesem Ort geboren. 1 ½ Jahre nach seiner Geburt zog seine Familie ins Rheinland. Die Schuljahre verbrachte er in Köln und Bonn, und die Kunstakademie besuchte er in Düsseldorf ab 1904. Das Geburtshaus gibt es noch an der Schützenstrasse in Meschede. Wirklich wichtig scheint Meschede seinen berühmten Sohn nicht zu nehmen, wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), neben der Westfalenpost eine der Regionalzeitungen der Stadt, Anfang Januar 2012 schrieb:
 
August Macke wurde vor 125 Jahren geboren
Meschede. Es ist nicht als besondere Sehenswürdigkeit bekannt und kann auch nicht von der Öffentlichkeit besichtigt werden: das Geburtshaus des weltbekannten Malers August Macke in der Schützenstrasse 16. Heute vor 125 Jahren ist er dort geboren worden. Eine kleine Tafel an der Hauswand erinnert an den berühmten Mescheder Sohn. Das Haus befindet sich in Privateigentum, es ist dort also kein Museum oder eine Ausstellung untergebracht – was symptomatisch ist für den Umgang Meschedes mit August Macke ist. Zwar gibt es eine Strasse, die nach ihm benannt ist, und es gibt ein Schulzentrum, das seinen Namen trägt. Auch gibt es den August-Macke-Preis und einen -Förderpreis. Doch weitere Aktivitäten finden in Meschede anders als in anderen Orten nicht statt.“
 
Das Sauerland liegt im Süden Westfalens, also im östlichen Teil des Bundeslands Nordrhein-Westfalen. Der Begriff hat übrigens nichts mit „sauer“ zu tun: Im Westfälischen fand ab dem 13. Jahrhundert ein Schwund des intervokalischen d statt, so dass aus Suderlande allmählich Suerland wurde. Es ist damit das südwestfälische Bergland gemeint. Die Eingeborenen bezeichnen sich selbst als „Sturköppe“. Das kann ein Klischee sein oder eben ein Ausdruck des westfälischen Humors. Vielleicht erklärt das auch den Umgang der Mescheder mit dem berühmten Maler.
 
Nach vielen Jahren habe ich meiner Geburtsstadt wieder einmal einen Besuch abgestattet. Meine Verwandten sind ebenfalls weggezogen; ansonsten kenne ich niemanden in der Stadt. Ein Gang durch die Stadt weckte wenige Erinnerungen auf: die Stadtkirche St. Walburga, in der ich getauft wurde; die Ruhr, die durch die Stadt fliesst und die dem Ruhrgebiet seinen Namen gegeben hat; die Klosterkirche, die direkt nach dem Krieg gebaut wurde und die auf einer Erhöhung über der Stadt thront; die Strasse, an der ein von Ordensschwestern geführter Kindergarten lag und in den meine Geschwister und ich gegangen sind, und der heute nur noch eine Ruine ist; der Pulverturm an der Pulverturmstrasse auf dem Weg zu der Strasse, an der wir gewohnt haben. Der Pulverturm wurde 1825 errichtet und diente einem preussischen Bataillon als Lagerort für Schiesspulver. Das mit westfälischen Schieferplatten verkleidete Haus meiner Grosseltern ist noch immer mit Schnitzereien meines Onkels, der lange dort gelebt hat, verziert. Das Haus, in dem ich geboren worden bin, gibt es auch noch. Man sieht ihm sein Alter an;es wurde direkt nach dem Krieg gebaut. Irgendwie kommen mir heute die Gebäude viel kleiner vor. Die Perspektive und die Lebenserfahrungen sind eine Erklärung dafür. Als kleines Kind sieht alles doch grösser und bedeutender aus.
 
Der letzte Blick galt dem im Süden der Stadt gelegenen Hennesee. Die 2 Quadratkilometer grosse Talsperre der oberen Ruhr, ein Stausee, hat sich zu einem Touristenanziehungspunkt entwickelt, mit Hotels und Campingplatz. Ein Ausflugsschiff fährt darauf, und man hat von der Uferstrasse aus einen herrlichen Blick auf den See.
 
Quelle
 
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