Textatelier
BLOG vom: 23.04.2006

Schweizer Naturburschen sollen die WM-Witwen trösten

Autor: Heinz Scholz
 
In der Vergangenheit war es doch so, dass der Fussballsport eine Männerdomäne war. Frauen galten als uninformiert und konnten einem fussballverrückten Mann nicht einmal ein Abseits erklären. Aber das hat sich inzwischen gründlich geändert. Landauf und landab gibt es immer mehr Vereine mit Frauenfussball. In der Anfangszeit wurden die kickenden Damen noch belächelt, aber inzwischen spielen sie einen ganz passablen Fussball. Auf der anderen Seite gibt es Frauen, die bei Fussballübertragungen die Flucht ergreifen und sich anderweitig beschäftigen.
 
Meine eigene Frau ist auch ein Fussballmuffel. Sie verzieht sich dann meistens in eine Ecke und liest oder vertieft sich in ein Puzzle. Kürzlich sagte sie zu mir, ich solle ihr doch jede Menge Puzzle zu Beginn der Weltmeisterschaft besorgen. Dann könne ich in aller Ruhe den Sport mit der runden Kugel verfolgen. Das werde ich auch tun, obgleich meine Begeisterung nach den enttäuschenden Spielen der deutschen Nationalmannschaft nachliess.
 
Eine Frau aus unserem Bekanntenkreis deckt ihren Mann zurzeit mit allen möglichen Arbeiten ein. Er muss die fälligen Renovationen bis zum Beginn der WM am 9. Juni 2006 erledigt haben. Dann hat er frei.
 
Wiederum andere Frauen treffen sich mit Freundinnen, gehen in Kurse, Kinos oder in ein Restaurant, um dort zu klönen und nicht über Fussball sprechen zu müssen.
 
Schweizer Burschen als Tröster
Die Werber von „Schweiz Tourismus“ beziehungsweise die Werbeagentur, die für diese Institution arbeitete, hatten eine grandiose Idee für ein Alternativprogramm für WM-Witwen. Diese sollen in der Schweiz Urlaub machen und sich von kernigen Naturburschen verwöhnen lassen. Sie können aber auch in Zürich bummeln gehen oder sich auf einer Wellness-Farm rundum erneuern lassen, wie Spiegel online am 19. April 2006 berichtete. Oder sie begeben sich in die Obhut eines Biobauern, Kapitäns oder Bergwanderers.
 
Ein schwülstiger Werbespot soll jetzt die Frauen in Scharen in die Alpenrepublik strömen lassen. In diesem Werbespot (einen Videofilm kann man unter der angegebenen Internet-Adresse ansehen) wirft ein halbnackter Naturbursche mit einer Gabel Heu zum Alpen-Beat in die Luft. Da kommt Freude auf. Dabei macht dieser Bursche noch ein freundliches Gesicht. Wohl nicht von der Arbeit, sondern vom Geldsegen, den die Werbeagentur locker machte. Und was demonstriert der Kapitän im Werbefilm? Er lässt sinnlich ein Tau durch seine Hände gleiten. Wer dabei nicht auf andere Gedanken kommt! Waldarbeiter grinsen, wenn sie ihre Muskeln spielen lassen. Auch der schönste Mann der Schweiz, Renzo Blumenthal, spielt mit. Er legt seine Hand an das Euter einer Kuh. Nach verrichteter Arbeit an der Kuh lehnt er sich mit einem coolen Lächeln an diesen Vierbeiner.
 
Es muss doch schön sein in der Schweiz, wenn man so glückliche Menschen bei herrlichstem Wetter arbeiten sieht! Wie glücklich müssen erst dann die Frauen sein, wenn sie keine grölenden und biertrinkenden Männer mehr sehen, die faul in ihrem Sessel liegen und immer den Ball hinterher glotzen. Natur pur wird hier im Alpenland geboten. Da kann schon mal so manche Frau schwach werden, oder?
 
Die Idee stammt übrigens von der Zürcher Werbeagentur Spillmann/Felser/Leo Burnett. Kritiker dieser Werbeaktion bemängeln, dass hier nur Klischees und eine Art Schweizer Sextourismus gezeigt werden.
 
Der Schuss könnte aber auch nach hinten losgehen. Dies ist der Fall, wenn sich Frauen nicht verführen lassen und lieber gebannt auf den Bildschirm starren und mitfiebern. Laut einer Umfrage sollen bereits 50 % aller Fussball-Zuschauer weiblich sein. Die muskelbepackten Schönlinge aus der Schweiz werden wohl auch am Fernsehschirm sitzen und die Spiele der Schweizer Nationalmannschaft verfolgen. Da wird wohl kaum einer die Mistgabel lustvoll herumwirbeln und die WM-Witwen beeindrucken.
 
Hinweis auf das WM-Alternativprogramm für Frauen
 
Hinweis auf weitere Sport-Blogs
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst