Textatelier
BLOG vom: 01.06.2009

Leben mit dem Abreisskalender, der auf mich wartete

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich-Altstetten
 
Schon am Neujahrsabend nahm ich mir vor, die Geschichte vom Weisheitskalender aus dem Diderichs-Verlag eines Tages zu erzählen.
 
Ich fand ihn am 01.01.2009 in einer der Bücherkisten vor der Buchhandlung Barth im Zürcher Hauptbahnhof. Er war abgegriffen, die ersten Blätter wellten sich schon. Das Deckblatt schmuddelig. Ich erinnerte mich aber, dass auch ich dieses Ansichtsexemplar schon einmal in Händen hatte. Mangels grösserer Auswahl legte ich es Anfang Dezember wieder zurück und vergass dieses Thema.
 
Jetzt sah der Kalender erbärmlich und unappetitlich aus. Ich sah aber sofort, dass die schmutzigen Blätter nach etwa 3 Wochen abgezogen seien und dass ich seinen Rücken mit einem frischen Deckpapier renovieren könne. Es war höchste Zeit, einen Kalender zu kaufen. Eine Frau beobachtete mich und riet mir, im Laden um einen guten Preis zu feilschen.
 
Das war nicht nötig. Es genügte zu fragen, was dieser noch koste. Die Buchhändlerin offerierte ihn für drei Franken. Es sei das letzte verfügbare Exemplar. Ihr sichtbares Mitgefühl diesem strapazierten Stück gegenüber gefiel mir. Das war ja ein Geschenk.
 
Es bewahrheitete sich wieder einmal, dass das Äussere nicht auf das Innere schliessen muss. Auch die verschmutzten Blätter von Anfang Januar trugen wertvolle Gedanken vom Dalai Lama auf sich. Viele der Blätter mit seinen Weisheiten bewahre ich in einer schönen Schachtel auf. Vorher liegen sie gewisse Zeit auf meinem Schreibtisch. Solange, bis ich die Essenz verinnerlicht habe.
 
Vielleicht gelingt es mir eines Tages selbst, Aussagen aus meiner Lebenserfahrung auf einen Punkt zu bringen. Ich könnte versuchen, jeden Abend einen Satz zu notieren, der eine ganz persönliche Einsicht zusammenfasst. Die Idee schliesst an eine Kurserfahrung an. Während der Ausbildung im Seminar für Freiwillige im sozialen Bereich standen uns in der letzten Kursstunde immer die letzten 10 Minuten zur Verfügung, um Notizen zu machen. In diesem schmalen Zeitraum entstanden gute Zusammenfassungen, kurze, dichte Texte. Das Wichtigste des Tages hatte sich noch nicht mit früherem Wissen verschmolzen. Es lag obenauf und konnte leicht benannt werden.
 
Weil ich heute noch keinen „Eigenbrand“ vorsetzen kann, zitiere ich zum Abschluss den Dalai-Lama-Kalendertext von gestern: „Das Leben zwingt uns dazu, uns so kennen zu lernen, wie wir wirklich sind.“
 
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