Textatelier
BLOG vom: 03.08.2012

Bemerkungen zum Alter: Kommt erst einmal in unser Alter!

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Walter Hess hat in seinem tiefsinnigen Blog vom 01.08.2012 („Suche nach der Startklappe, die den Altersbeginn andeutet“) die Frage aufgeworfen, wann das Alter beginnt. Nun, da gibt es viele unterschiedliche Meinungen. Hiermit möchte ich einige zusätzliche Bemerkungen bekannt geben.
 
Eine frühere Arbeitskollegin im zarten Alter von 27 Jahren trainierte eine Jugendmannschaft im Handball. Die 14- bis 15-jährigen Gören motzten bei manchen Erscheinungen, und eine von ihnen liess sich zu dieser Bemerkung hinreissen: „Was willst Du alte Oma uns schon beibringen.“ Die Trainerin war natürlich zunächst schockiert, aber dann hat sie sich wieder erholt. Sie war ja selbst noch jung und hatte schon so manche Lebenserfahrung gesammelt.
 
Das Altern ist ein schleichender Prozess. Walter Hess bemerkte in seinem Blog, dass das 70. Lebensjahr als Einfallstor ins Alter betrachtet werden könnte. Aber er bemerkte auch, dass vielleicht das Alter erst mit dem 75. Lebensjahr beginne. Jeder empfindet das Alter anders. Es gibt 70-Jährige, die sich wie 60 fühlen und 60-Jährige, die meinen, sie seien schon alt und hätten das die 70 schon überschritten. Oft wird das kalendarische Alter von anderen nicht gut geschätzt, oder man will den alternden Menschen oder Jubilar nicht vergrätzen. Man tauscht lieber Höflichkeitsfloskeln aus. So höre ich immer wieder die Bemerkung, dass man noch gut aussehe und sich in den Jahren kaum oder nicht verändert habe. Nur unsensible Zeitgenossen, die es natürlich auch gibt, können sich zu solchen Aussagen hinreissen lassen (solche oder ähnliche Bemerkungen habe ich schon gehört): „Sie sehen aber alt aus“, oder „Sie haben sich verändert, waren sie krank?“ „Sie humpeln herum, haben Sie Arthrose?“
 
Als ich noch im zarten, jugendlichen Alter war, waren für mich 30- oder 40-Jährige schon alt. Beim Erreichen des 50. Lebensjahres meinten alle, nun gehe es schnell bergab. Nun, in manchen Dingen ging es bergauf. So kamen mir im Beruf die Erfahrung, die Gelassenheit und viele andere positive Eigenschaften zugute. Voraussetzung für das Wohlbefinden im Alter ist natürlich eine gute Gesundheit. Man muss sich allerdings im Klaren sein, dass man im fortgeschrittenen Alter auch Abstriche machen sollte. „Wir sind nicht mehr die Jüngsten, wir sollen altersgerechte Wanderungen unternehmen“, höre ich immer wieder von Wanderkollegen.
 
Wie schon gesagt, wird das kalendarische Alter nicht immer gut geschätzt. Dazu ein Beispiel: Während unseres Abstiegs vom Niederhorn nach Beatenberg (Schweiz) am 18.07.2012 machte uns auf einem schmalen Pfad ein Ehepaar Platz. Als wir forsch vorbeigingen, sagte der Mann: „Kommt erst einmal in unser Alter, dann läuft ihr auch nicht mehr so schnell.“ Ich fragte den betagten Wanderer nach seinem Alter, und er antwortete: „Ich bin 73 Jahre.“ Da musste ich schmunzeln und sagte: „Von uns sind alle 3 über 70.“ Der zur Seite getretene Wandersmann sah aber viel älter aus. In seinen Augen sahen wir wohl noch knackig und jünger aus ... Als ich das meinen Wanderkollegen erzählte (ich bildete nämlich das Schlusslicht der Gruppe und konnte mich mit dem Ehemann kurz unterhalten), waren alle stolz, und einer sagte: „Wir sind ja noch alle fit und können stolz auf unsere Leistung sein. Viele Jüngere könnten das nicht schaffen.“
 
Nach dem Abstieg (über 800 Höhenmeter!) fühlten wir uns nicht mehr so jung und fit. Wir liefen alle „unrund“. Die Knochen spürten wir gewaltig. Aber am nächsten Tag waren die meisten Beschwerden wieder verschwunden.
 
Wichtig ist, dass man sich altersgerecht bewegt und Wanderungen auch entsprechend auswählt und nicht mehr zu anstrengende Bergtouren unternimmt. Dazu fällt mir ein Spruch des Filmregisseurs Ingmar Bergman ein, der sagte: „Mit dem Altwerden ist es wie mit dem Auf-einen-Berg-Steigen. Je höher man steigt, desto mehr schwinden die Kräfte – aber umso weiter sieht man.“
 
Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit, in grossen Höhen zu lustwandeln: Bei unserer Niederhorn-Wanderung stiegen wir nicht hinauf, sondern benutzten die Seilbahn (28 CHF für die Bergauffahrt). Von dort oben, in einer Höhe von 2000 Metern, sah man sehr weit, und wir genossen den Anblick der schneebedeckten 4000-er. Da schwanden unsere Kräfte keineswegs, und wir konnten nach einer Mittagspause den Abstieg über steinige Wege beginnen. Zum Glück hatten wir Stöcke dabei und konnten uns bei steilen Wegpassagen gut abstützen.
 
Probleme mit dem Altwerden
In einem Glanzpunkte-Artikel gab ich nach meiner Pensionierung Tipps für den Ruhestand („Von nun an war ich ein Niemand“, www.textatelier.com). Es ist leider so, dass manche mit dieser Lebensphase nicht zurechtkommen. Manche frönen dem Alkohol oder gehen dem Ehepartner oder den Nachbarn auf die Nerven. Viele sitzen vor der Glotze und bemerken nicht, dass sie geistig abbauen und gesundheitliche Probleme bekommen. Hier hilft nur, den inneren Schweinehund zu überwinden und aktiv zu werden. Wer dies nicht schafft, kann sich einem Seniorenclub anschliessen. Solche Clubs sind in fast jeder Stadt vorhanden. Oder man schliesst sich einer Wandergruppe an oder gründet eine.
 
Ich schrieb damals: Auch mit dem Alter kommen viele nicht zurecht. So manche Ruheständler nehmen sich jüngere Lebenspartner, wiederum andere laufen zum Schönheitschirurgen. Es gibt sogar solche, die sich im „Playboy“ ablichten lassen. Ich war immer der Meinung, diese Zeitschrift wäre eine Plattform für jüngere Frauen. Aber ich habe mich gründlich geirrt. In einer Ausgabe des „Playboy“ wurden Fotos von einer 59-jährigen deutschen Schauspielerin publiziert. Sie begründete ihren Auftritt damit, dass sie anderen Frauen Mut machen wolle, das Alter besser zu akzeptieren. Eine junge Frau, die im selben Heft als „Playmate des Monats" ihren paradiesischen Körper präsentierte, meinte, sie verstehe die Frau nicht. „Aber vielleicht hatte sie das nötig!" Eine Bemerkung von meiner Frau dazu: „Wirkliche Schönheit hat nichts mit glatter, faltenfreier Haut zu tun, sondern sie kommt von inneren Werten und strahlt nach aussen.“
*
In der Tat ist es doch so, dass sich nicht wenige Ältere vorgaukeln, man könne dem Alter entfliehen und ewig jung bleiben. „Tatsächlich wird der ehrliche Blick auf das Geburtsdatum im Pass hilfreicher sein, sich auf das Alter einzustellen und damit besser mit diesem Lebensabschnitt umzugehen“, schreibt treffend Otto Buchegger. Recht hat dieser Mann. Man sollte das Älterwerden akzeptieren.
 
Die folgenden Zitate über das Alter bringen eine Portion Weisheit mit und sie dürften so manchen Zweifler Mut machen:
 
Zitate über das Alter
„Unter den Menschen sind die alten am besten, unter den Kleidern die neuen.“
(Aus China)
*
„Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.“
(Franz Kafka)
*
„Alle wollen alt werden, aber keiner will es sein.“
(Gustav Knuth)
*
„Alternde Menschen sind wie Museen: Nicht auf die Fassade kommt es an, sondern auf die Schätze im Innern.“
(Jeanne Moreau)
*
„Das Alter hat zwei grosse Vorteile: Die Zähne tun nicht mehr weh und man hört nicht mehr all das dumme Zeug, das ringsum gesagt wird.“
(George Bernard Shaw)
*
„Im Grunde haben die Menschen nur zwei Wünsche: Alt zu werden und dabei jung zu bleiben.“
(Peter Bamm)
*
„Ein Mann mit weissen Haaren ist wie ein Haus, auf dessen Dach Schnee liegt. Das beweist aber noch lange nicht, dass im Herd kein Feuer brennt.“
(Maurice Chevalier)
*
„Solang man neugierig ist, kann einem das Alter nichts anhaben.“
(Burt Lancaster)
*
„Die Welt vergöttert die Jugend, aber regieren lässt sie sich von Alten.“
(Henry de Montherlant)
*
„Früher fielen die Frauen bei meinem Anblick fast in Ohnmacht. Heute sagen sie eher: „Ach, den gibt es noch?“
(Robert Redford)
 
Witze über das Alter
(Quelle: Eberhard Puntsch: „Witze, Fabeln, Anekdoten, ein Handbuch“)
 
Der 82-Jährige auf die Erklärung des Arztes, er könne ihn nicht wieder jung machen: "Sie sollen mich nicht jung machen, sondern dafür sorgen, dass ich weiterhin alt werde."
*
"Ungebeugt durch die Last der Jahre steht der Jubilar heute vor uns", sprach der Präsident der Festversammlung. In der Zeitung stand dies: "Ungebeugt durch die Lasterjahre ..."
*
„Wie fühlst du dich dann jetzt als Grossvater?“ fragten die Stammtischbrüder. „Dass ich Grossvater bin", erwiderte der Gefragte, „stört mich nicht, wohl aber der Gedanke, mit einer Grossmutter verheiratet zu sein."
*
„Der zweite Frühling stellt sich sogar bei Männern ein, die nicht einmal einen ersten gehabt haben. Jetzt sind die natürlich ganz unwiderstehlich. Sie haben Silber im Haar, Gold in den Zähnen und Blei in den Füssen, aber das Herz ist jünger denn je. Elastisch und unternehmend balancieren sie ihren Embonpoint dahin, lächeln gewinnbringend und siegessicher auf tadellosen Plomben und halten ihre Weisheiten, die sie freigebig vor allem an junge Mädchen verteilen, für jugendlichen Elan, während es sich doch lediglich um Altersprämien handelt." (Gerbert Grüninger, Sie und Er)
*
Diesen Witz erzählte unser Wanderführer: 3 Achtzigjährige unterhalten sich und bemerken, dass es  im Leben 3 schönste Dinge gibt, wo man sich erfreuen kann. Einer sagte: „Na klar: Die 3 schönsten Dinge des Lebens sind das Essen, das Trinken, und was war eigentlich das Dritte?“
*
Wir sollen also beim Älterwerden nicht in Panik geraten. Wichtig ist, dass man das Alter akzeptiert. Anlässlich meines 70. Geburtstages gab Wanderfreund Toni von Lörrach ein Gedicht zum Besten. Ein Zweizeiler lautete: „Zwischen der Wiege und der Bahre, da liegen allgemein ja stets die schönsten Jahre – und davon wollen wir noch alle viele erleben, lasst uns darauf trinken und die Gläser erheben.“
 
Hinweis auf weitere Blogs zum Thema Alter
 
Hinweis auf einen Glanzpunkte-Artikel
 
 
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst