Textatelier
BLOG vom: 15.01.2015

Wortfamilie „schlagen“: die Beatles im Deutschunterricht

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Westdeutschland
 
 
Als ich mich mit dem Verb „schlagen“ beschäftigte, wurde mir schlagartig klar, dass ich mich geschlagen geben müsste, wollte ich mich mit allen Aspekten und Bedeutungen rund um dieses Wort und dessen Varianten mit Nominalisierungen, Präfixen, Affixen und Suffixen herumschlagen. Ich habe nicht einmal eine geschlagene Stunde benötigt, um zu dieser Erkenntnis zu kommen. Der Umfang der Wortfamilie ist einfach erschlagend.
 
Ich finde es sehr schwierig, mit Wörtern, die so vielfältig sind, im Deutschunterricht umzugehen. Ich meine, es bringt gar nichts, die Deutschlernenden mit allen Anwendungsmöglichkeiten gleichsam zu erschlagen.
 
Man muss aber davon nicht niedergeschlagen werden. Den Ausschlag geben immer die Bedeutung des im jeweiligen Moment im Satz benutzten Wortes und der Hinweis darauf, dass das Wort vielfältig in der deutschen Sprache auftritt.
 
Sie können es aber auch ganz spannend machen. Beginnen Sie mit „den Beatles“. Richtig, das ist englisch, aber das Grundwort ist „to beat“ und das bedeutet „schlagen“. Da fällt mir natürlich das Wort „Schlager“ ein, das heutzutage kaum noch verwendet wird und durch „Hit“ ersetzt worden ist, was wiederum auf Deutsch mit „Schlag“ übersetzt wird. Dabei kommt unser schöner „Schlager“ aus dem Wienerischen, laut Duden wohl nach dem durchschlagenden Erfolg, der mit einem Blitzschlag verglichen wird.“
 
Ob die Musiker ihre Band „Beatles“ genannt haben, weil „beat“ auch „den Takt schlagen“ bedeuten kann? Das Suffix „-le/s“ wird im Internet als „Kuriosität“ („oddity“) bezeichnet, das häufig wiederkehrende Aufgaben beschreibt, was wiederum für das Taktschlagen, aber auch für die Wiederholungen im Schlagertext spricht. Oder spielt auch das „auf die Pauke hauen“ als Synonym für „schlagen“ dabei eine Rolle? Vorsicht ist geboten, wenn die Deutschlernenden den Schlagzeuger als „Schläger“ bezeichnen wollen. Denn eine direkte Konfrontation mit einem so Bezeichneten könnte ausschlaggebend dafür sein, dass sie leicht zu einer schlagkräftigen Schlägerei mit Schlagaustausch ausartet!
 
Das wäre ebenso falsch, als wenn man das Lied vom Mai, in dem es heisst „die Bäume schlagen aus“ wörtlich nehmen würde und meint, deshalb nenne man den Schlagstock so! Da könnte man sich gleich vor den Kopf schlagen.
 
Aber bleiben wir doch bei der berühmten Band! Denn uns allen, die wir damals ausschlaggebend dazu beigetragen haben, dass sie einen so durchschlagenden Erfolg gehabt hat, hat fast schlaglichtartig der Schlag getroffen, als wir von dem schweren Schicksalsschlag erfuhren, den John Lennon erlitten hatte. Er ist zwar nicht erschlagen worden, aber nach der Schussverletzung hörte sein Herz auf zu schlagen, und kein Pulsschlag war mehr zu spüren. Danach erschien in allen Zeitungen der Welt die Nachricht als Schlagzeile. Manch ein Katholik hat für seine Seele ein Kreuz geschlagen. Mit seinem Schlager „Imagine“ hat er eine Schlacht geschlagen für den Frieden und für eine Vision einer Gesellschaft frei von Religionen, Nationalismus und Privateigentum. Das war ein schwerer Schlag, den wir unser Lebtag nicht vergessen werden.
 
Ob diese Mordtat ein Schlaglicht auf unsere Gesellschaft geworfen hat, ist lange diskutiert worden. Auf jeden Fall ist aus der Tat eine Schlagkraft erwachsen, die sich gegen die Gewalt in der Welt stellt und die sich nicht geschlagen gibt.
 
Übrigens, in diesem Jahr wird das Thema in den Medien bestimmt eine Rolle spielen, jährt sich doch der Geburtstag John Lennons zum 75. und sein Todestag zum 30. Mal.
 
Ich wünsche allen, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten, dass Sie sich mit dem Wort „schlagen“  wacker schlagen!
 
 
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