Textatelier
BLOG vom: 19.03.2005

Working Poor: Von Konzert und Theater nicht zu reden

Autorin: Lislott Pfaff, Schriftstellerin Liestal BL/CH

„Die wollen doch alles, das Fernsehen, Ferien und so weiter . . .“. Die Diskussion drehte sich um die Working Poor, die erwerbstätigen Armen in der Schweiz. Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Statistik gehören etwa 7 % der aktiven Wohnbevölkerung dazu: rund 231 000 Frauen und Männer im Alter zwischen 20 und 59 Jahren – Menschen, die trotz Vollzeitarbeit das Existenzminimum nicht erreichen.

Es war Vormittag. Wir beiden Frauen leisteten uns im „Stedtli-Lade“ an der Rathausstrasse 31 in CH-4410 Liestal BL gesunde Produkte zu etwas höheren Preisen als im Einkaufszentrum. Meine Gesprächspartnerin fand, heutzutage nehme sich niemand mehr die Zeit, qualitativ hochwertige Lebensmittel auch in kleineren Geschäften statt nur bei Coop oder Migros zu holen. Da musste ich doch einwenden, wer den ganzen Tag arbeite, könne sich diesen Luxus oft nicht leisten. Ich dachte dabei an mein früheres Leben, an die achtstündigen Arbeitstage. Heute bin ich dem erwerbstätigen Alter entwachsen, habe sogar Zeit für einen Schwatz am heiterhellen Tag.

Ich erwähnte die Mütter mit Kindern, die zu arbeiten gezwungen sind, weil der Lohn ihres Mannes nicht reicht, und wies auf die Statistik über die Working Poor hin. Aber meine Gesprächspartnerin wollte diesen Erhebungen nicht recht trauen: „Was heisst schon arm? Meine Eltern und Grosseltern, die waren auch arm, die mussten sich halt nach der Decke strecken . . .“. Mit anderen Worten: Eine mehrköpfige Familie, die im 21. Jahrhundert in der reichen Schweiz mit knapp 3000 Franken im Monat auskommen muss, soll gefälligst aufs Fernsehen verzichten, auf die Ferien sowieso, von Konzert und Theater gar nicht zu reden.

Es stimmt, seit die Welt besteht, gibt es Arme. Und es gibt Reiche. Jeder ist seines Glückes Schmied. Wäre aber der Kuchen gross genug für solche Glücksschmiede wie beispielsweise die Chefs der globalisierten Konzerne, wenn nicht die vielen Working Poor auf 1000 bis 2000 Franken im Monat verzichten würden zugunsten der Millionengehälter der wenigen Working Rich?

Natürlich brauchen wir gewöhnlichen Sterblichen kein siebenstelliges Monatseinkommen. Aber 2 oder 3 Wochen Ferien im Jahr und ein Fernsehabend dann und wann sollte doch drinliegen. Oder nicht?

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